Karl Mielach                               An Bathyllus

1817 - ?                                                            (nach Anakreon)

 

Hier, wo liebtraut die Aeste sich umschlingen,

Und Zweige, so die ersten Blätter tragen,

Mit Blüthenkronen unser Haupt umragen

Und schüchtern spielen mit den Lockenringen,

 

Wo eifersüchtiger Zephyre Schwingen

Des Baches Wellen mit gelindem Schlagen

Von süßem Munde zarter Blumen jagen,

An dem noch länger sie so gerne hingen;

 

Hier, wo so mild die Abendlüftchen wehen,

Hier wollen, unsere Gefühle tauschend,

Wir uns der Jugend freu’n und selig träumen!

 

Wer sollte je dieß holde Plätzchen sehen

Und nicht des Bachs Sirenenflüstern lauschend

Ein Weilchen in dem stillen Schatten säumen?

 

 

 

Karl Mielach                               An des Vaters Namensfeste

1817 - ?                                                           

Dich, Vater, glaubt’ ich heute Nachts zu sehen

In einem überirdischschönen Thale,

Und neben Dir erblickt’ im Jugendstrahle

Ich hier Hygea, dort Fortuna stehen.

 

„Gewähret ist, o Kinder, euer Flehen!

Der Vater schaut das Fest noch viele Male.

Ich reich’ ihm der Gesundheit goldne Schale.“

So sprach Hygea mild wie Frühlingswehen,

 

Indeß Fortuna Dich mit Kränzen schmückte.

Dann schwebten sie empor zu Aetherräumen,

Wo rosige Gewölke sie umhüllen.

 

Betrübt erwacht’ ich. Was mich süß entzückte,

War, ach, ja nur ein armes eitles Träumen.

O möge sich der holde Traum erfüllen!

 

 

 

 

Karl Mielach                               Wiedersehen

1817 - ?                                                           

1.

 

Siehst du den falben Schein am Himmelsbogen,

Von dem sich die Gewässer matt erhellen?

Schon brüllt der Sturm. Am schwarzen Felsen schwellen

Und brechen schäumend sich die hohen Wogen.

 

Und oben steht von düsterm Licht umzogen

Das Mädchen bleich und schaut hinaus mit schnellen

Besorgten Blicken auf den Kampf der Wellen.

Ein Schiff, ein Schiff kommt fern dort hergeflogen.

 

Da jubelt sie so laut, sie hört entzückt

Nicht mehr, wie dräuend sie der Sturm umbrüllt.

Weh! mit gewalt’ger Hand schon grimm erfaßt

 

Hat er das Schiff. Schon ist’s dem Blick entrückt,

In Wasserberge von der Fluth verhüllt.

Sie bebt und wankt und fällt zurück erblaßt.

 

 

2.

 

Der Mond indeß war himmlisch aufgegangen

Und wiete sich im stillen Ozeane.

Es ruht verstummt das Wüthen der Orkane.

Die goldnen Sterne freundlich wieder prangen.

 

Sein Strahl umzittert schüchtern sie, mit Bangen,

Als ob er zart der Jungfrau Leiden ahne,

Und sanft sie an der Hoffnung Schimmer mahne,

Sie, von Verzweiflung nächtlichdumpf umfangen.

 

Da kommt es leise durch die Fluth gerauscht,

Dem Schwane gleich, der durch die Silberwogen

Des Sees seine stillen Kreise zieht.

 

Sie ist erwacht! Und wie sie ängstlich lauscht,

Kommt näher, näher es zu ihr gezogen.

Sie ruft: Er ist’s! Und Schmerz und Gram entflieht.